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Sprache ist der Atem der Demokratie

 

Die Freiheit, etwas zu sagen, schließt immer auch die Freiheit ein, wie man es sagt. Wer das "Wie" vorschreibt, greift tief in den Bereich individueller und institutioneller Selbstbestimmung ein.

 

Es beginnt oft mit einem harmlos klingenden Satz. "Es geht um Verständlichkeit", sagt Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, als er das Gendern in seiner Behörde verbietet und öffentlich geförderten Institutionen nahelegt, es ihm gleichzutun. Museumsdirektor*innen, Stiftungsratsmitglieder, Rundfunkintendant*innen – alle sollen künftig so sprechen, wie es der Minister für klar, eindeutig und mehrheitsfähig hält. In der freiheitlichen Demokratie klingt das zunächst nach Ordnungssinn. In der Geschichte klingt es nach etwas anderem.

Wenn ein Regierungsvertreter festlegt, welche sprachlichen Formen im öffentlichen Raum erwünscht und welche unerwünscht sind, ist die rote Linie zur politischen Regulierung von Ausdruck überschritten. Sprache wird dann nicht mehr nur durch sozialen Wandel geformt, sondern durch Dekret. Die Freiheit, etwas zu sagen, schließt immer auch die Freiheit ein, wie man es sagt. Wer das "Wie" vorschreibt, greift tief in den Bereich individueller und institutioneller Selbstbestimmung ein.

 

Vielfalt der Ausdrucksformen oder Einheitsdeutsch mit Siegel?

Sprache ist kein Haustier. Sie lässt sich nicht an die Leine legen, nicht in den Vorgarten der staatlichen Verständlichkeit setzen. Sie streunt, mischt sich unter fremde Laute, verändert sich – und genau deshalb lebt sie. Wer versucht, sie zu dressieren, verwechselt die Freiheit der Sprache mit einem Schaubild für Sprachpflege.

Verständlichkeit ist kein Naturgesetz. Sie ist eine Einladung zum Dialog, kein Passierschein zum öffentlichen Diskurs. Für den einen ist der Genderstern eine Schranke, für den anderen eine Brücke. Wer den Brückenbau verbietet, verengt nicht nur die Sprache, sondern auch den geistigen Blickwinkel.

 

Quelle: queer.de

 

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